„Daran ist Brüssel schuld!“ – ein Satz, den man von deutschen Politikern regelmäßig hört, wenn unpopuläre Regeln oder Änderungen erklärt werden sollen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Tatsächlich haben Bundesregierung und deutsche Ministerien viel mehr Einfluss auf EU-Verordnungen, als viele zugeben möchten.
🧭 Wie entstehen EU-Vorgaben überhaupt?
EU-Vorgaben beginnen fast immer mit einem Vorschlag der Europäischen Kommission. Doch bevor dieser offiziell eingebracht wird, läuft intensive Vorarbeit, bei der die Mitgliedstaaten – also auch Deutschland – frühzeitig eingebunden sind:
- Ministerien in Berlin nehmen an Arbeitsgruppen teil, die erste Ideen formen.
- Ständige Vertretung Deutschlands bei der EU in Brüssel stimmt sich eng mit der Kommission ab.
- Fachreferenten und Lobbyisten (auch aus Deutschland) geben Feedback.
Fazit: Deutschland ist von Anfang an dabei. Es gibt keine Überraschungen aus Brüssel – nur Dinge, bei denen man sich vielleicht bewusst nicht durchgesetzt hat.
🏛 Der Gesetzgebungsprozess der EU – stark beeinflusst durch die Mitgliedstaaten:
- Vorschlag durch die EU-Kommission (z. B. neue Umweltverordnung)
- Beratung und Zustimmung durch:
- EU-Parlament, das direkt von uns gewählt wird
- Rat der EU, bestehend aus den Fachministern der Mitgliedstaaten
👉 Hier sitzt Deutschland mit vollem Stimmrecht dabei – je nach Thema z. B. das Bundesumweltministerium, das Bundeslandwirtschaftsministerium etc.
- Umsetzung in nationales Recht (bei Richtlinien), oft in engem Austausch mit Bundesländern
🧨 Warum „Brüssel“ oft nur als Ausrede dient
Viele Regeln, die bei Bürgerinnen und Bürgern schlecht ankommen, werden auf die EU geschoben – obwohl Deutschland ihnen aktiv zugestimmt hat oder sie sogar selbst mit angestoßen hat.
Beispiele:
- Die berühmte „Gurkenkrümmung“ – ein Vorschlag aus der Kommission, von Deutschland mitgetragen.
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – federführend von deutschen Interessen geprägt.
- Klimagesetze und Chemikalienverordnungen – oft mit deutscher Handschrift.
Kurz gesagt: Viele Vorgaben sind kein Diktat aus Brüssel, sondern ein gemeinsamer Kompromiss, dem deutsche Ministerien im Rat aktiv zugestimmt haben.
🏁 Warum es wichtig ist, das zu verstehen
Wer versteht, wie EU-Recht entsteht, erkennt, dass es unsere demokratisch gewählten Politiker sind, die entscheidend mitgestalten. Die EU ist kein Gegner, sondern ein Werkzeug gemeinsamer Politik. Kritik ist erlaubt – aber sie sollte ehrlich sein, nicht ablenken.